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Lizenz zum Töten
Befugnisse der CIA für geheime Operationen in Afghanistan sollen erweitert werden
Die CIA will ihre Mordaktionen in Afghanistan steigern. Im Vordergrund steht die gezielte Jagd auf lokale und regionale Kommandeure der Aufständischen. Dabei soll der Auslandsgeheimdienst der USA vom Personal privater Sicherheitsdienste, sogenannten Contractors, und von „ausgeliehenen“ Angehörigen der Spezialeinheiten der US-Streitkräfte unterstützt werden. Das geht aus einem Bericht der New York Times hervor, der am Sonntag veröffentlicht wurde. Die Darstellung der Tageszeitung stützt sich auf Informationen von zwei nicht namentlich genannten hochrangigen „Offiziellen“. Die CIA verweigerte eine Stellungnahme.
Der New York Times zufolge soll die Ausweitung der CIA-Operationen von einer besonderen Abteilung des Geheimdienstes, der Special Activities Division, getragen werden. Sie verfügt nur über einige hundert Mitarbeiter, die weltweit im Einsatz sind, und ist daher für die Ausweitung ihrer Aktivitäten in Afghanistan auf die Kooperation der regulären Spezialeinheiten angewiesen. Das ist dort aber umstritten, weil man fürchtet, für Aktionen der CIA verantwortlich gemacht zu werden, bei denen häufig auch Zivilisten getötet und verletzt werden, wie die New York Times schreibt. Während die Streitkräfte zumindest in der Theorie für ihre Operationen rechenschaftspflichtig sind, arbeitet die CIA im Schutz der Geheimhaltung. Daher ist zu erwarten, dass die verstärkte Beteiligung der CIA an der „Terrorismusbekämpfung“ deren ohnehin schon geringe Transparenz noch weiter verdüstern wird.
In der Amtszeit von Präsident Barack Obama hatte es unter dem damaligen CIA-Chef John O. Brennan Bestrebungen gegeben, die ausgeuferten militärischen Aktivitäten des Auslandsgeheimdienstes einzuschränken und seine Rolle stärker auf die klassischen Aufgaben der Nachrichtengewinnung, der Einflussnahme auf politische Prozesse und der Lieferung von Analysen und Handlungsvorschlägen zu konzentrieren. Aber seit Donald Trump im Januar ins Weiße Haus einzog, geht unter Brennans Nachfolger Mike Pompeo vom Tea-Party-Flügel der Republikaner der Trend wieder in die Gegenrichtung. Am 15. September hatte die New York Times berichtet, dass der Geheimdienst darauf dränge, in Afghanistan auch unbemannte Flugkörper für gezielte Tötungen einsetzen zu dürfen. Das ist dort bisher dem Militär vorbehalten – anders als im benachbarten Pakistan, wo die Kompetenz für den Einsatz bewaffneter Drohnen bei der CIA liegt.
Indessen verschlechtert sich die „Sicherheitslage“ in Afghanistan noch weiter. In der vergangenen Woche soll die Zahl der zivilen und militärischen Opfer von Angriffen und Anschlägen mit mindestens 250 Toten einen historischen Höchststand erreicht haben. Nicht für alle Attentate sind die Taliban verantwortlich. So kam der Auftrag für den Selbstmordbomber, der am Freitag 56 Menschen in einer schiitischen Moschee in Kabul tötete, von der Terrororganisation „Islamischer Staat“. Es war bereits der dritte Sprengstoffanschlag des IS in einer schiitischen Moschee der Hauptstadt innerhalb der letzten zwei Monate. Bei solchen Attentaten waren Ende August und Ende September insgesamt 35 Menschen getötet worden. Ziel des IS ist es, Gegenreaktionen der Schiiten zu provozieren und einen „Glaubenskrieg“ zwischen den beiden Hauptströmungen des Islam auszulösen.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 24.Oktober 2017