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Krieg bis zum Endsieg

Die NATO soll unbegrenzt lange in Afghanistan Krieg führen. Zu diesem vorrangigen Ziel bekannte sich gestern der neue Generalsekretär der Allianz, Anders Fogh Rasmussen, an seinem ersten Arbeitstag. Er unterscheidet sich darin nicht von seinem Vorgänger, dem Niederländer Jaap de Hoop Scheffer, der diese Position seit 2004 gehabt hatte. Rasmussen war während des Streits um anti-islamische Karikaturen dänischer Ministerpräsident und hatte sich geweigert, den von Rechtspopulisten inszenierten Affront kritisch zu beurteilen. Die Türkei hatte sich deshalb seiner Ernennung zum NATO-Chef zunächst widersetzt.

Als weitere Priorität für seine Arbeit nannte Rasmussen am Montag die Verbesserung der Zusammenarbeit mit Russland. Die bestehenden Meinungsverschiedenheiten, die durch den Kaukasuskrieg vor einem Jahr zeitweise verschärft wurden, sollten den „gemeinsamen Sicherheitsinteressen“ im „Kampf gegen den Terrorismus“ nicht im Weg stehen. Die NATO möchte erreichen, dass künftig auch Waffen und Munition für den Afghanistankrieg durch Russland transportiert werden können. Moskau lässt bisher nur „nicht-tödlichen“ Nachschub, wie etwa Treibstoff, zu.

Der Däne hat außerdem eine breite Diskussion über das künftige strategische Konzept der NATO angekündigt. Das derzeit gültige stammt aus dem Jahre 1999 und soll von einer Expertengruppe unter dem Vorsitz der früheren US-Außenministerin Madeleine Albright überarbeitet werden. Um etwas für das Image des Bündnisses zu tun, hat der neue Generalsekretär auf den Internetseiten der NATO ein „Diskussionsforum“ eingerichtet, wo jeder sich zur künftigen Strategie äußern kann. „Ich will die Meinung der Öffentlichkeit dazu hören, was die NATO sein sollte“, erklärte der dänische Politiker. An erster Stelle wäre da die Tatsache zu nennen, dass die Öffentlichkeit in den meisten NATO-Ländern die Truppen lieber morgen als übermorgen aus Mittelasien zurückholen möchte.

Rasmussen übernimmt das Amt des Generalsekretärs in einer Situation, die durch zunehmende Schwierigkeiten und Verluste der westlichen Truppen in Afghanistan gekennzeichnet ist. Im Juli wurden 74 Soldaten getötet, mehr als in irgendeinem anderen Monat seit dem Beginn der Militärintervention im Oktober 2001. Unter den Toten waren 43 US-Amerikaner und 22 Briten. Der bis dahin verlustreichste Monat für die US-Streitkräfte war der September 2008, als sie 26 Mann verloren.

Die Tendenz hält offenbar an: Bei Kämpfen am Wochenende starben neun NATO-Soldaten. Bis zur Präsidentenwahl am 20. August wird eine weitere Zunahme der Angriffe und Anschläge der Aufständischen erwartet.

Aus dem Einsatzbereich der deutschen Bundeswehr in Nordostafghanistan wird gemeldet, dass nach einer „erfolgreichen“ zweiwöchigen Offensive die Aufständischen innerhalb weniger Tage zurückgekehrt sind. Solche Vorgänge, ebenso wie die Verschärfung der militärischen Auseinandersetzungen in allen Landesteilen und die immer höheren Verluste der NATO-Truppen weisen auf einen Faktor hin, den der neue Generalsekretär nicht ansprach und der auch in der Kriegsberichterstattung kaum erwähnt wird: Die Aufständischen werden von erheblichen und zunehmenden Teilen der Bevölkerung unterstützt.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 4. August 2009