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"Frieden" schaffen mit immer mehr Waffen
Obama überholt als Kriegspräsident seinen Vorgänger Bush. Rückzugstendenz unter den US-Verbündeten hält an.
Friedensnobelpreisträger Barack Obama hat in Afghanistan und Irak insgesamt mehr Truppen im Einsatz als sein Vorgänger George W. Bush. Während der von Obama im Wahlkampf versprochene Abzug aus dem Irak bisher kaum in Gang gekommen ist, ist die Zahl der US-Soldaten in Afghanistan höher als bisher offiziell zugegeben wurde. Das geht aus einer Meldung der Washington Post vom Dienstag hervor. Gleichzeitig fordern führende Militärs weitere 40.000 bis 60.000 Soldaten für den afghanischen Kriegsschauplatz.
Im März hatte Präsident Obama angekündigt, die Truppen in Afghanistan im Laufe dieses Jahres um 21.000 Mann zu verstärken. Dem Bericht der Post zufolge bezieht sich das aber nur auf die Zahl der Kampfeinheiten. Verschwiegen wurde, dass mindestens 13.000 Mann Unterstützungskräfte – so unter anderem medizinisches Personal, Bautrupps, Geheimdienstexperten und Militärpolizei – hinzukommen. Zur Zeit befinden sich rund 65.000 US-Soldaten in Afghanistan und 124.000 im Irak, zusammen 189.000. Unter Bush waren es als Maximum, das Ende 2007/Anfang 2008 erreicht wurde, 26.000 Soldaten in Afghanistan und 160.000 im Irak. Zusammen 186.000.
Seit Obama im Januar sein Amt antrat, hat er die Zahl der US-Soldaten in Afghanistan mehr als verdoppelt. Im selben Zeitraum wurden aber nur 23.000 Soldaten aus dem Irak abgezogen. Die nächste größere Verringerung der dort stationierten US-Truppen soll erst nach den Parlamentswahlen im Januar stattfinden. Einen genauen Zeitplan dafür gibt es noch nicht. Vereinbart ist nur, dass bis zum August 2010 alle amerikanischen Kampfeinheiten den Irak verlassen sollen. Danach bleiben immerhin noch 50.000 US-Soldaten zurück, deren Aufgaben angeblich ausschließlich in Ausbildung und Beratung der irakischen Streitkräfte bestehen sollen. Erst Ende 2011 werden nach der bisherigen Planung die letzten US-Truppen den Irak verlassen. „Unvorhergesehene Zwischenfälle“, wie etwa ein Krieg der USA gegen Iraks Nachbarland Iran, könnten allerdings die Abzugspläne über den Haufen werfen.
Unterdessen hat die neue Regierung Japans, die nach der August-Wahl von der Demokratischen Partei gestellt wird, angekündigt, dass sie das im Januar 2010 endende Mandat für die Beteiligung am Afghanistan-Krieg nicht verlängern wird. Japan hat Marineeinheiten in den Indischen Ozean entsandt, die dort Kriegsschiffe der von den USA geführten Interventionsallianz betanken. Der angekündigte japanische Rückzug ist militärisch und technisch bedeutungslos, wiegt aber als politisches Signal für die sinkende Kriegsbereitschaft einiger US-Verbündeter schwer. Am Dienstag voriger Woche hatte das niederländische Parlament mit großer Mehrheit beschlossen, den Truppeneinsatz in Afghanistan nicht über das Jahr 2010 hinaus zu verlängern. Die Niederlande sind in Afghanistan mit 1400 Soldaten vertreten, die im Süden des Landes auch an Kampfeinsätzen teilnehmen. Schon früher hat die kanadische Regierung angekündigt, dass sie ihr Kontingent bis zum Jahresende 2011 abziehen will. Die 2500 kanadischen Soldaten sind überwiegend in der Provinz Kandahar stationiert, die als Hochburg der Taliban gilt.
Knut Mellenthin
Junge Welt, 14. Oktober 2009